Momente de Karlheinz Stockhausen

Luc Ferrari & Gérard Patris: Les grandes répétitions
Die Generalproben / Die großen Wiederholungen



F  / 1966 /  45 Min. / Prod. ORFT, dt. Fassung
Dokumentarfilm

Autor: Luc Ferrari
Regie: Gérard Patris
Musik: Karlheinz Stockhausen, MOMENTE (Version von 1965)
Produktion: Französische Rundfunk- und Fernsehgesellschaft ORTF – Paris – 1966
Erstausstrahlung: 25.05.1966 – Kanal: 2 (ORTF)

Die Reihe „Generalproben“ hat sich zum Ziel gesetzt, das gängige Muster einer Musiksendung zu erneuern, indem sie das Publikum in das Abenteuer einer Probe einbezieht. Die Probe zu einem Musikstück stellt im Grunde ein Drama dar, denn es vollzieht sich währenddessen eine wahre Entwicklung. Das Publikum kann – geleitet durch die Anwesenheit, die Erläuterungen, die Ansprüche des Dirigenten und mitunter auch des Komponisten – an diesem „Aufbauen“ von Musik teilnehmen und dringt auf diese Weise in die Sprache des Stücks selbst ein.

Die Sendung stellt sowohl einen Mann – Karlheinz STOCKHAUSEN – als auch ein Stück „Momente“ – vor. In einem abgelegenen Probenraum, einem Kölner Tonstudio, geht der Komponist vor allem auf Entstehung und Bedeutung dieses „Liebeswerks“ ein, an dem er vier Jahre lang gearbeitet und das er einer Frau gewidmet hat. „Ich durchlebe keine Geschichten“, erklärt er, „ich durchlebe nur Momente.“  Und sie sind es auch, die er in den musikalischen Momenten wiedererstehen lässt, welche  im Stück aufeinander folgen, sich treffen oder sich vermischen.  Diese „Momente“, die hauptsächlich auf Melodie, Klang und Dauer beruhen, nehmen Ausschnitte aus  Briefen der Geliebten und Verse aus dem „Hohelied Salomos“ auf, außerdem Applaus und andere  Gefühlsäußerungen des Publikums, die ihrer dynamischen und rhythmischen Qualitäten wegen  Verwendung finden.

Den ganzen Film hindurch werden Stellungnahmen von STOCKHAUSEN kontrapunktisch mit Bruchstücken einer Probe zu „Momente“ versetzt. Die Kamera verweilt lange bei den Gesten  und auf dem Ausdruck der Instrumentalisten und des Chors des WDR-Orchesters und hebt auch  dadurch die Seltsamkeit des mal beredten, mal stummen Dialogs zwischen der Sopranistin Martina  ARROYA – die ihre Partien auf verblüffend vielfältige Weise vorträgt – und STOCKHAUSEN selbst hervor, der hinterm Notenpult manchmal heftig, manchmal beherrscht leidenschaftlich, manchmal still jubilierend dirigiert.  „Momente“, sagt STOCKHAUSEN, ist keine ausgedachte Geschichte, sondern ein Werk, das nur da ist und nur so stark da ist, wie jedes Ereignis da und stark ist. Diese „Momente“ erklären sich durch Vergangenes und durch Erfahrung. Ihre Existenzberechtigung besteht darin, Hoffnung zu geben auf die anderen Momente, die da kommen werden.